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Wir besuchen die enkeltaugliche Gemeinde Nebelschütz

Ein Reisebericht

Bericht und Fotos: Caterina Other

Am 15. Oktober trafen sich zum Nachmittag 10 große und 5 kleine Leute aus Kreischa, Kleba, Lungkwitz und Quohren um gemeinsam nach Nebelschütz zu fahren.

Nebelschütz, eine Gemeinde bei Kamenz, hat seit fast 30 Jahren einen ehrenamtlichen Bürgermeister, der in sehr besonderer Weise die Geschicke seiner Gemeinde lenkt. Wer zur Auftaktveranstaltung „Wie wollen wir morgen leben? – eine enkeltaugliche Zukunft für unsere Gemeinde Kreischa“, im Vereinssaal dabei war, hat Thomas Zschornack bereits kennengelernt. Frieder Zimmermann organisierte nun den Besuch in Nebelschütz und zum späten Nachmittag kommen wir an. Die Kirche ist das Erste, was man sieht, hübsch anzuschauen mit dem typischen Turm, dann fahren wir weiter ins Dorf zum Treffpunkt an der Gemeindeverwaltung mitten im Ort.

Herzlicher Empfang

Wir werden von Herrn Zschornack sehr herzlich begrüßt und gleich geht es los zum Fußballplatz. Das war das erste Bauprojekt nach der Wende, für Zschornack einer der wichtigen Punkte für ein gelungenes Gemeindeleben, der Zusammenhalt im Sportverein. Nicht eine Firma von sonstwoher, sondern die Nebelschützer selbst bauen den Sportplatz. Es ist nun ihr eigener, das ist etwas Besonderes. Immer wieder beschreibt Zschornack dieses Prinzip der Zusammenarbeit- Verantwortung zu übernehmen für das eigene Umfeld. Um die Ecke der Gemeindeverwaltung herum, am Bioladen vorbei, stehen wir im Zentrum der Ortes. Es ist grün, voller Bäume, eine kleine Auenlandschaft mit zwei Spielplätzen und einem Festplatz. An der Wand des Gebäudes hängt der Schriftzug „Pack zu! Lass uns alle das Gute und Nützliche tun.“, auch in sorbisch natürlich.
 

Das Motto ist Programm, immer ganz nah an den Leuten, im permanenten Austausch über Ideen, Wünsche und Träume entstehen in Nebelschütz Projekte mit Zukunft: solidarische Landwirtschaft, ökologischer Baustoffhof, ein Hofladen mit regionalen Produkten, Energieversorgung durch Photovoltaik, essbare Grünanlage in Permakultur.  Uns wird langsam bewusst, dass Träume wahr werden können, wir können es SEHEN, wir lauschen den Geschichten und staunen über die vermeintlich einfachen Lösungen.

Weiter geht es Richtung Kirche, vorbei am neuen Kindergarten. Für dessen Planung wurden die Wünsche der Kinder und der Eltern gesammelt und ein Gesamtkonzept erstellt: besonders wichtig war das pädagogische Konzept, insbesondere Zweisprachigkeit, die gesunde Ernährung, die körperliche Fitness, die Bewusstseinsbildung für Ökologie und Nachhaltigkeit. Der Neubau fügt sich optisch wunderbar in den Ort und ist ein Vorzeigeprojekt für ökologisches Bauen, wiederum ein Projekt mit über 5600 gemeinnützigen Arbeitsstunden der Bewohner, „Pack zu…“.

Optisch perfekt eingefügt sind auch die vereinzelten Neubauten. Ob nun Einfamilienhaus oder Reihenhaus, es stehen nicht mehr als drei Neubauten beisammen, jedes Grundstück ist groß genug für einen Gemüsegarten und die neuen Häuser müssen sich in die ortstypische Architektur einfügen. Größere Eigenheimsiedlungen kommen hier nicht in Frage. Solche Ansprüche lassen sich nicht einfach durchsetzen, es erfordert viele Gespräche, Diskussionen und Austausch mit allen beteiligten Personen.

Zusammenhalt der Generationen

Die Kirche ist ein weiterer wichtiger Punkt im Ort. Die Gottesdienste werden ausschließlich in sorbisch gehalten, die wendischen Feste gefeiert – schon immer gab es in der sorbischen Minderheit diesen Zusammenhalt, so Zschornack. Das hilft auch sehr bei der Umsetzung der „um die Ecke gedachten“ Ideen des sympathischen Bürgermeisters. Wie auch der Jugendclub funktioniert: die Hälfte der Kosten trägt die Gemeinde, dafür halten die Jugendlichen die Bushaltestellen im Ort in Ordnung. Alles Öffentliche verzahnt sich hier zu einem lebendigen Organismus.
Nach zwei Stunden quer durchs Dorf sitzen wir gemütlich bei Schnittchen aus dem Bioladen und Ökobier „Krabat“ beisammen. Wir habe viele Fragen an den Herrn Bürgermeister, vor allem wie ist Veränderung machbar? Und wir bekommen viele Antworten, ein Wort fällt dabei immer wieder: Verantwortung. Politische Verantwortung, Verantwortung für das eigene Tun und konsequente Entwicklung und Umsetzung der Ideen.

Vielen Dank!

Ganz wunderbar inspiriert fahren wir nach Hause, voller Freude und Neugier auf die nächsten Veranstaltungen in der Bürgerstiftung und im Vereinshaus. Jeder ist willkommen!